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Welche Tests sind nicht zuverlässig?

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Medizinische Untersuchung verschiedener Proben im Labor

Ob Heimtest aus der Drogerie oder IgG4-Allergietest – viele vermeintlich einfache Methoden zur Erkennung von Glutenunverträglichkeit oder Zöliakie sind wissenschaftlich nicht belegt. Dieser Artikel klärt auf, warum nur gezielte Antikörpertests im Blut und ärztlich begleitete Diagnostik verlässlich sind – und weshalb keine Diät auf Basis solcher Schnelltests begonnen werden sollte. Wer Klarheit sucht, sollte sich auf medizinisch anerkannte Verfahren verlassen.

In Drogerien oder Apotheken gibt es allerlei Selbst- bzw. Heimtests auf Zöliakie. Unter anderem Stuhl- oder Speicheltest auf Gliadin- oder Transglutaminase-Antikörper, aber auch Bluttests auf Transglutaminase-Antikörper. Des Weiteren werden auch IgG4-Allergietests angepriesen, die eine Nahrungsmittelunverträglichkeit (IgG4-Antikörper) bzw. Allergie (IgG-Antikörper) detektieren sollen. Aufgeführt die Gründe, warum wir Selbsttests auf Zöliakie nicht empfehlen:

  1. Kein positiver Nachweis bei IgA-Mangel. Wenn ein IgA-Mangel vorliegt, ist der Test falsch negativ. Dabei ist der selektive IgA-Mangel mit einer Prävalenz von 1:500 in der Gesamtbevölkerung das häufigste Immundefektsyndrom in Deutschland. Bei Zöliakie-Betroffenen ist der selektive IgA-Mangel deutlich häufiger und tritt bei ca. 2 % bis 3 % auf.
  2. Geringere Sensitivität: weniger Zöliakie Betroffene werden auch als positiv erkannt.
  3. Geringere Spezifität: mehr Gesunde werden fälschlicherweise als positiv erkannt.
  4. Keine definierten Grenzwerte: meist nicht angegeben, ab welcher Konzentration der Test positiv ist, und es erfolgt auch keine Angabe der Antikörper-Konzentration. Diese kann jedoch bei der Diagnosestellung entscheidend sein. Zudem haben junge Kinder mit Zöliakie im Schnitt höhere Titer als Jugendliche oder Erwachsene.
  5. Die spezifischen Antikörper gegen tTG (Transglutaminase 2) oder Gliadin (bzw. deamidiertes Gliadin, DGP) werden im Blut (Serum) gebildet, ihre Konzentration im Speichel oder Stuhl ist sehr niedrig.
  6. Anwendungsfehler (z. B. Restalkohol am Finger, zu wenig Blut, unsaubere Stuhlprobenentnahme) können das Test-Ergebnis verfälschen.

 

Fazit: Ein Stuhl- oder Speicheltest zeigt eine sehr hohe Fehlerquote durch mangelnde Sensitivität und Spezifität und eine sehr niedrige Antikörperkonzentration. Bluttests könnten dabei aussagekräftiger sein, aber auch diese Tests für zuhause sind nicht quantitativ und haben eine geringere Sensitivität und Spezifität als die ELISAs. Sie sind in keinem Fall ein Ersatz für quantitative serologische Tests oder für eine Biopsie. Die Testergebnisse werden darüber hinaus i. d. R. nicht fachgerecht unter Berücksichtigung der Klinik, des Alters und der Ernährung des Betroffenen beurteilt. Des Weiteren führen falsch-positive Ergebnisse häufig dazu, dass Betroffene unnötig viele Nahrungsmittel meiden und somit eine gesicherte Diagnose nicht mehr möglich ist. (siehe Kapitel 2 der S2k-Leitlinie Zöliakie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS))

Erhöhte IgG- oder IgG4-Spiegel spiegeln eine normale immunologische Auseinandersetzung mit Nahrungsbestandteilen wider und sind Zeichen der Toleranzentwicklung, nicht der Allergie oder Unverträglichkeit. Entsprechend raten alle großen Fachgesellschaften ausdrücklich von der Anwendung solcher Tests ab, da sie keine klinische Aussagekraft besitzen und zu Fehldiagnosen und unnötigen Diäten führen können.

Daher sollte in jedem Fall - unabhängig vom Ergebnis - bei verdächtigen Symptomen (siehe Kapitel 1 der S2k-Leitlinie Zöliakie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS))

eine entsprechende Labordiagnostik durchgeführt werden.